Kalker helfen Junkies. Aber nur wenn die weit weg sind

 

Eine neue Drogenberatungsstelle in Kalk gefällt den Nachbarn nicht. Sie fürchten um das Wohl ihrer Kinder

2003-11-06-taz_nrw-kalker_h.jpgKÖLN taz –  Als der Junkie-Bund am Dienstag seine Drogenberatungsstelle in der Kalker Taunusstraße eröffnete, sollte damit die lange Suche nach einem neuen Standort zu Ende sein. Doch davon kann nicht die Rede sein: Es brodelt in der Nachbarschaft. Wenige Tage vor dem Einzug ins ehemalige Bistro „Etna“ hatte es zwei Bürgervefsammlungen gegeben. Deren Fazit: Eine Anlauf stelle gerne, aber nicht in unserer Nähe.
„Grundsätzlich dagegen“ ist der Bürgerverein Humboldt-Gremberg. Dessen Vorsitzender Albrecht Wolff sagt zwar: „Die Junkies brauchen eine Beratungsstelle“ – aber nicht hier, nicht in der Nähe von Kinderspielplatz und Moschee. Sein Vorschlag: Die Beratung könnte im Verwaltungsgebäude Kalk-Carre untergebracht werden. „Dort stehen die Junkies auch gleich unter Aufsicht.“ Obwohl auch wenig begeistert, will sich Dirk Fitzner, der „direkt um die Ecke wohnt“ der Polemik der Bürgerversammlungen nicht anschließen. Er plädiert für einen Pavillon an der U-Bahn Station Kalk Post: „Das wäre zwar auch nur eine Übergangslösung, aber dort gehören Drogen zum Alltag.“ Das Problem verschwinde dann wenigstens nicht aus dem Blick der Öffentlichkeit.
Fitzner ist zudem sauer auf die Drogenpolitik von Stadt und Polizei: „Erst werden die Junkies vom Neumarkt verdrängt, dann folgt die sogenannte Dezentralisierung.“ Bei der Stadt heißt das „Entzerrung“. Mit dem Umzug der Beratungsstelle des Bundes Katholischer Männer von der Kalker Vietorstraße in den Stadtbezirk Porz soll das fortgesetzt werden, bestätigt die Kölner Gesundheitsdezernentin Ursula Christiansen der taz. Vorsichtig sagt sie dem Junkie Bund an dessen neuer Wirkungsstätte „fachliche Unterstützung“ zu. Die Entscheidung des „Bundes“, noch während der Verhandlungen mit der Polizei durch den Umzug Fakten zu schaffen, hält sie für „unklug“. Die Polizei hatte sich gegen das Bistro als neuen Standort ausgesprochen. Sie fürchtet einen neuen „Drogentourismus“, nachdem sie die Dealerszene in der Taunusstraße zerschlagen hat. Doch der Junkie Bund wollte nicht länger warten. Nachdem er vor einigen Jahren von Mülheim an den Rand von Kalk ziehen musste, dort unter schlechten Bedingungen und fernab der eigentlichen Szene arbeitete und
von Politik und Verwaltung ein ums andere Mal vertröstet wurde, entschloss er sich zum Handeln zumal sein bisheriger Sitz von der Städtischen Desinfektionsstelle beansprucht wird.
Die Sorgen seiner neuen Nachbarn nimmt der Junkie Bund ernst. Er versprach enge Zusammenarbeit gegen Drogenhandel und Spritzenmüll sowie beim Schutz von Kindern und Jugendlichen. DIRK KRÜGER

taz, die Tageszeitung

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