Junkie-Alltag in der City

 

2014-07-08-ÉxpressDrogen-Szene ist zurück
Die Zahl der Toten steigt

Von ROBERT BAUMANNS und OLIVER MEYER

Köln – Die „Drogen-Zelle“ am Neumarkt: Ein Junkie sitzt am Eingang zur Schildergasse und raucht Heroin (EXPRESS berichtete). Diese Bilder schocken Köln. Und zeigen, dass die Drogenszene zurück ist auf dem Neumarkt. Täglich sitzen sie an den Abgängen zur U-Bahn, rauchen, trinken, dösen oder schlafen benebelt ein. Alltag am Neumarkt. Doch wieso kann man diese Szene nicht eindämmen?

Die Drogenszene wandert in Wellen durch Köln. Wird sie von der einen Stelle vertrieben, taucht sie anderswo wieder auf. Mit massivem Einsatz hat die Polizei Ende der 1990er Jahre auf dem Neumarkt die Junkies verschreckt, sie wanderten nach Kalk und Gremberg ab. Jetzt ist die Szene wieder zurück am Neumarkt.

Allerdings ist es nicht mehr dieselbe. Das sagt Norbert Krütt-Hüning. Er ist Leiter der Abteilung Psychiatrie- und Suchtkoordination, Gesundheitsberichterstattung und -aufklärung beim Gesundheitsamt. „Es ist ein Kreis von insgesamt 25 bis 30 Personen, die sich am Neumarkt treffen“, sagt Krütt-Hüning. „Die sind nie gleichzeitig da. Bis auf wenige Ausnahmen sind alle in verschiedenen Hilfsprogrammen. Ihre Anwesenheit geht einher mit den Besuchen in der Substitutions-Ambulanz am Neumarkt. Deshalb sind sie da.“ Dort bekommen die Suchtkranken ihre Ersatzdrogen wie Methadon. Der Neumarkt sei daher nicht mehr der Drogendealer-Platz, der er früher war“, sagt der Drogenkoordinator.

Doch diese Zahlen alarmieren: Dem neuen Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung zufolge ist die Zahl der Drogentoten in Köln 2013 im Vergleich zu 2012 um 13 auf 42 gestiegen – ein Plus von 30 Prozent. Köln liegt damit hinter Berlin (119) und Hamburg (62) auf Platz drei.

Warum greift die Polizei nicht durch?

Wer am Neumarkt aus der Bahn steigt, steht mitten drin im Pulk der Junkies. Sofort fragt man sich: Und wo ist die Polizei?

Die ist meist verdeckt im Einsatz. „Unsere zivilen Ermittler haben die Szene im Auge. Allerdings muss man sagen, dass es sich bei den meisten Personen um stark Abhängige handelt, die für uns nicht mehr erreichbar sind“, sagt Polizeisprecher Christoph Gilles. Bedeutet: Erteilt die Polizei diesen Süchtigen einen Platzverweis, so tauchen sie wenig später zum Beispiel an der Kalker Post auf, besorgen sich dort ihren Stoff oder begehen Straftaten.

Das bedeutet auch, dass die Junkies weitgehend ihre Ruhe haben. Als EXPRESS-Reporter die Szene beobachten, schleppt ein Junkie eine Tasche mit offenbar geklauter Bekleidung an. Ganz offen schauen sie sich die Sachen an. Polizei? Fehlanzeige.

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