Land will Drogenhilfe kürzen: drastische Auswirkungen für Köln

 

Der Landeshaushalt ist noch nicht beschlossen, aber die Koalition aus CDU und FDP will die Gelder für die Drogenhilfe in den Haftanstalten, Förderung der Niederschwelligkeitszentren und die Hilfe suchtkranker Migranten komplett einbehalten. Darüber setzte die Verwaltung des Gesundheitsministeriums die Freien Träger (Sozialdienst katholischer Männer e.V., Drogenhilfe Köln e.V) kurz vor Weihnachten in Kenntnis und strich die Gelder vorsorglich zum 01.01.2006. Was das für die Träger und die Drogenabhängigen bedeutet, erfuhr Report-K.de in der JVA Ossendorf.

Recht auf Beratung und Therapie

Peter Klein (Name geändert) sitzt seit einem Jahr in der Justizvollzugsanstalt Ossendorf ein wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz und Beschaffungskriminalität. Er dealte mit Drogen im große Stil, ist aber auch selbst von Heroin abhängig. Demnächst soll er wegen guter Führung vorzeitig in eine Entzugs-Therapie entlassen werden. Hinter ihm lag ein beschwerlicher Weg mit vielen Rückschlägen. Das er jetzt auf Entzug setzt und sich von seiner kriminellen Vergangenheit lösen konnte, ist aber kein Selbstläufer. Er hat ein Recht auf Beratung und Therapie von Gesetzes wegen. Und er weiß, dass sich „draußen“ jemand um ihn kümmert, wenn es mal wieder nicht so läuft. Dabei hilft ihm der Sozialdienst katholischer Männer e.V. (SKM) und die Drogenhilfe Köln e.V., die mit ihren Mitteln fünf Vollzeitstellen in der externen Drogenberatung fianzieren.

Reibungsloser Übergang war bisher gewährleistet

Einer der fünf vom Land NRW mit 40% und den beiden Freien Träger finanzierten Drogenberater wird dafür sorgen, dass ein reibungsloser Übergang von der Haft in die Freiheit mit therapeutischer Begleitung für Peter Klein gewährleitset bleibt. Das dieser Prozess in Gang gesetzt wurde, darauf musste Peter aber jetzt schon drei Monate warten, denn die Beratungstermine sind rar. Den Entschluss, sich von seiner bisherigen Vita zu verabschieden fällte Klein allerdings schon viel früher. Aber er ist nur einer von rund 500 die jeden Tag in der JVA einsitzen. Er hat noch Glück gehabt, denn in einem halben Jahr wäre er verlegt worden und dann hätte der Antrag von neuem gestellt werden müssen.

Staat zieht sich zurück und überlässt das Feld dem Ehrenamt

„Im letzten Jahr saßen 5058 Straftäter in Ossendorf ein. Wenn den mit Drogen in Verbindung stehenden Straftätern die externe Hilfe entzogen wird, entstehen Risiken für unsere Gesellschaft. Der Staat zieht sich zurück und das Ehrenamt wird über die Maßen gefordert“, so Haftanstaltsleiter Jörn Vögen. Im Jahr erreichen die Drogenberatung alleine 1.100 Anfragen, davon rund 300 von Migranten – darunter 135 Russlanddeutsche. Wenn das Land NRW jetzt die Streichung der Mittel beschließen sollte – die erste Lesung des entsprechenden Antrages ist im Februar – müssten diese Inhaftierten noch länger warten. Klein bekäme dann mit großer Sicherheit bis zum Haftende keine externe Beratung mehr. Denn 40% weniger Mittel, „das bedeutet auch 40% weniger Zeit, die wir in die Beratung stecken können. Ganz rausziehen wollen wir uns aber auch nicht“, so Dr. Thomas Hambüchen, Geschäftsführer der Drogenhilfe Köln e.V.

Bisher waren die Mittel auf rund 620.000 Euro für ganz NRW bemessen. Davon werden 31 Stellen in der externen Drogenberatung besetzt. Das Gesundheitsministerium soll eine mündliche Zusage für fünf Stellen in ganz NRW gemacht haben, vielleicht fällt dann auch eine Stelle für Köln mit ab.

Konkurrieren um einen externen Berater

Konkret bedeutet das für Peter Klein, dass er mit 1.100 Anfragen auf eine externe Beratung „konkurrieren“ müsste. Die interne Beratung bliebe bestehen. Nur genau dann wird es für Peter Klein gefährlich, wenn er in die Freiheit kommt. Fehlt die externe Suchthilfe, kann es für ihn schnell wieder heißen, ab auf die Straße in die Subkultur, Drogen verkaufen und konsumieren, denn einen Ausweg sieht er von selbst nicht. Auch weiß er nicht, welche Angebote ihm bei seinem Ausstieg hilfreich sein könnten. Von den freien Trägern weiß er, dass sie das Café Victoria bis jetzt von 13 – 17 Uhr für ihn offen halten. Dort hätte er zur Zeit noch eine tägliche Anlaufstelle, wo er auch auf persönliche Hilfe treffen könnte, Substitution bekäme, oder er einfach nur von der Straße runterkommt. Für Frauen gibt es sogar noch einen speziellen Anlaufort mit dem Frauencafé. Das alles fiele mit der Streichung der Mitteln weg oder könnte nur noch zu stark verkürzten Öffnungszeiten gewährleistet bleiben.

Wehrmutstropfen: Stadt Köln hält Mittelvergabe auftrecht

80 Personen werden im Café Victoria täglich betreut. Die müssten nach Lage der Dinge innerhalb von zwei Stunden betreut werden – viel zu wenig Zeit. Der Rechtsgrundsatz „Therapie statt Strafe“ würde damit ausgehölt, so Wolfgang Scheiblich vom SKM. Die Gelder laufen jetzt noch bis zum Ende des ersten Quartals, um eventuelle Abfindungen zu gewährleisten, dann ist Schluss – wenn der Wille der Landesregierung durchgesetzt wird. Beide Träger wollen aber nocheinmal mit den Landtagsfraktionen sprechen und hoffen, die Situation wieder umbiegen zu können. Dann hat vielleicht Peter Kleinert noch eine Chance auf Hilfe im täglichen Leben und die Chance nicht wieder ins „Milieu“ abzustürzen. Scheiblich: „Wir erreichen mit der internen und externen Beratung 30% der Problemfälle. In 70% der Fälle sind wir erfolgreich. Dieses Konzept sollte man nicht ohne Not verlassen. Ihnaftierte sind teurer als die Rahbilitation.“

Zumindest die Stadt Köln wird sich nicht aus der Förderung der Drogenarbeit verabschieden, so der Drogenreferent der Stadt Köln, Berger. Das wird aber nicht verhindern, dass die Selbsthilfe wie der Junkiebund in Köln, plötzlich auf 50.000 Euro aus Landesmitteln verzichten muss und damit wohl ganz von der Bildfläche verschwinden wird.

Quelle-Link: http://www.report-k.de/

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