Kreativer Raum wurde ausgenutzt

 

Podiumsdiskussion zum Abschluss des Kunstprojekts „Achtung – Verachtung“

von LYDIA KECK

Kreativer Raum wurde ausgenutztKALK. Ein roter Fluss zieht sich quer über das Drei-Meter-Wandbild auf Spanplatte. In tiefem Schwarz ist auf der fiktiven Landschaft aus einem Gemisch von Acryl- und Wandfarben „Liebe ist alles -sie ist ewig“ zu lesen. Darunter hat jemand in zartem Pink „Petit“ gekritzelt. Über und unter dem roten Streifen, der an einen Blutfluss erinnert, steht in sorgfältiger Handschrift „Glaubt an Euch, ich stehe Euch bei“. Darüber kleben Wundpflaster. Es scheint, als wolle jemand die Wunde verschließen. Auf der Rückseite der großen Bildfläche, die fünf Wochen lang auf dem Platz vor der Kalker Post installiert war, entstand eine „Traumlandschaft“ mit Blumen und Pflanzen.

„Achtung – Verachtung“ hieß die Kunstaktion, die der Junkie Bund aus Humboldt-Gremberg ins Leben gerufen hatte. Gemeinsam mit den Künstlern Nina Marxen und Walbrodt entwickelte der Verein das Projekt „Zerstörung im Kreativraum“. An drei Orten in Kalk, vor der Post, am Ottmar-Pohl-Platz und an der Trimbornstraße, stellten die Künstler fünf Wochen lang weiße Wände auf, die durch die Anwohner eigenständig gestaltet werden sollten.

Kindertagesstätten und Jugendgruppen gestalteten unter Anleitung der Künstlerin Nina Marxen sechs Bildflächen. Auch eine Mädchengruppe vom Internationalen Bund für Sozialarbeit hinterließ ihre Spuren. Dazu kamen anonyme Maler und Sprayer, die die großen Flächen mit Sprüchen, Zeichen oder Markierungen weiterentwickelten. So schlug irgendjemand einen Nagel in die Bildwand und befestigte dort einen Kleiderbügel. Ein anderer verschraubte eine Kachel, die wiederum
durch einen anderen zeichnerisch erweitert wurde.

Bei einer Podiumsdiskussion zum Abschluss des Projekts wurden die Ergebnisse in der Halle der „macevent GmbH“ an der Dillenburger Straße 73 vom Junkie Bund der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Ergebnis des Experimentes der freien Bildgestaltung im öffentlichen Raum überraschte sowohl die Organisatoren und Förderer der Aktion als auch die Künstler selbst: Viele hatten erwartet, dass die Bildflächen in Kalk umgeworfen oder überschmiert würden. Doch nichts von alledem ist passiert. Im Gegenteil. Es gab viele, die sich anonym beteiligt haben, doch den anderen ihren Malraum gelassen haben“, berichtete Künstler Walbrodt.

Die Aktion im öffentlichen Raum von Walbrodt und Nina Marxen, die von der Bürgerstiftung „KalkGestalten“ als „Leuchtturmprojekt“ ausgezeichnet wurde, sollte zudem das Image des Junkie Bundes gerade rücken: „Es galt auch, mit dem neuen Thema .Anregung durch Kreativität‘ aus der Drogenecke rauszukommen und es in die Mitte der Gesellschaft zu rücken“, erklärte Dr. Axel Hentschel vom Junkie Bund die kreative Mitmachaktion.

Überrascht zeigte sich auch Kerstin Schmedemann von der Bürgerstiftung: „Es war einfach spannend, die Entwicklung auf den öffentlichen Plätzen zu beobachten. Man sollte solche kreativen Projekte verstärkt im Stadtteil installieren.“

Eine Antwort

  1. Heide Walbrodt sagt:

    Ich freue mich für euch, daß die Aktion wirklich kreativ beantwortet wurde. ich meine, so etwas könnte man mindestens jährlich wiederholen. Es erinnert mich an den kreativen Adventskalender (Bürger stellen ihre Fenster und Flächen zur Verfügung , um den Familien des Viertels gute Weihnachtslaune durch freundliche Anregungen zu geben.) H.W.

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