Mülheim und Kalk fordern mehr Hilfe bei Drogenproblematik

 

Mülheim und Kalk fordern mehr Hilfe bei Drogenproblematik

SUCHT Bezirkspolitiker kritisieren Konzept der Stadt – Fokus zu stark auf die Innenstadt gelegt

VON NORBERT RAMME

Kalk/Mülheim. Die von der Verwaltung jetzt vorgelegte Planung für ein stadtweites Drogenhilfe-Konzept sei „schön und gut, aber wir brauchen in Kalk schnelle Lösungen. Das haben wir schon vor einem Jahr mehrheitlich in der Bezirksvertretung beschlossen“, sagt Christian Robbyns, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion. Nun solle die Verwaltung auch die Forderung nach einem Drogen-Konsumraum in Kalk umsetzen und nicht erst abwarten, bis man in der Innenstadt – im Bereich Neumarkt – ausreichend Erfahrungen gesammelt habe. Das wurde mit der Stimmenmehrheit von SPD, FDP und Linken auch so beschlossen. Schließlich war man sich da einig: Die Innenstadt könne auch von den Erfahrungen in Kalk profitieren. Ganz wichtig sei bei der Einrichtung eines solchen Drogen-Konsumraumes, so Robbyns, „die Anwohner frühzeitig zu informieren und mit ins Boot zu holen“.

Die Grünen und die CDU enthielten sich der Stimme. „Für uns geht es dabei erst einmal nicht um Sozial-, sondern um Gesundheitspolitik. Denn Drogensüchtige sind Kranke“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Jürgen Schuiszill. „Wir sehen zwar auch den Bedarf in Kalk, und einige Teile der nun vorliegenden Pläne sind durchaus richtig, aber wir als CDU wollen zunächst ein schlüssiges und nachvollziehbares Gesamtkonzept.“ So lange wollen die Bezirksvertreter von SPD, FDP und Linken indes nicht warten und die Planungen der Verwaltung schon jetzt auf den Weg schicken. Der Stadtrat soll zu dem Thema am Donnerstag, 28. September, beraten und entscheiden, obwohl die Einrichtung eines Drogenkonsumraums im Stadtteil Kalk nach derzeitigem Stand erst für das Jahr 2019 geplant ist. „Es ist schade, dass die Verwaltung so lange braucht, bis in Kalk etwas passiert“, sagte Heinz Peter Fi: scher, Fraktionschef der Linken. „Die Verzögerungen bedauern auch Polizei und Ordnungsdienst.“

Doch die Verwaltung sieht derzeit die erste Priorität in den Bereichen rund um den Neumarkt und den Hauptbahnhof. Erst danach sollen weitere „dezentrale niedrig-schwellige Drogenhilfeangebote im Rahmen eines Kontaktladens mit Beratung, Konsumraum und Beschäftigungsmöglichkeiten entstehen“, wie es heißt. So an den Szene-Standorten in Kalk – vor allem rund um das Bezirksrathaus an der Kalker Hauptstraße – sowie ebenfalls in Mülheim, im Bereich um den Wiener Platz. Dort will man damit beginnen, sich nach geeigneten Räumlichkeiten umzusehen. In Mülheim sollen sogar zwei Standorte angemietet werden, für die man im städtischen Haushalt 800 000 Euro einplanen will. In Kalk sollen 350 000 Euro in eine Einrichtung investiert werden.

Um Drogennutzer, -süchtige und -kranke kümmern sich derzeit in Kalk die Kontakt- und Beratungsstelle für Drogenabhängige des SKM an der Dieselstraße. Zum Angebot gehören ein Kontaktcafe, die Grundversorgung mit Essen, Duschen und Kleiderkammer sowie Spritzentausch und einer Postadresse. Auch die Selbsthilfegruppe des Vereins Vision an der Neu-erburgstraße betreibt ein Kontaktcafe mit umfangreicher psychosozialer Beratung sowie unterschiedlichen Freizeit- und Gemeinschaftsaktivitäten. Zu dem Angebot von Vision gehört ebenfalls die Grundversorgung, darunter das Waschen von Kleidung sowie ebenfalls die Möglichkeit, Spritzen zu tauschen und eine Postadresse einzurichten.

Die Arbeit des SKM und von Vision sind nach Auffassung der Verwaltung in der Szene überwiegend bekannt und werden von den Konsumenten auch aufgesucht. Allerdings finde der Gebrauch illegaler Drogen im Stadtteil Kalk wegen eines nicht vorhandenen Drogenkonsumraums häufig im öffentlichen Raum, auf Plätzen und in Grünanlagen statt. Künftig biete es sich darum an, die Infrastruktur der vorhandenen Trägerangebote in Kalk zu nutzen und ein Kontaktstellenangebot unter Einbeziehung des Konsums von mitgebrachtem Alkohol auszubauen -ähnlich dem geplanten Angebot in Neumarktnähe. Der Aufbau einer komplett neuen Infrastruktur, bestehend aus einem Kontaktladen mit Beratung und Drogenkonsum-raum in Kalk, würde die Kosten für die Stadt ohne die Nutzung der vorhandenen Hilfestruktur demnach deutlich erhöhen.

Bezirkbürgermeister appellieren gemeinsam an den Stadtrat

Der Stadtrat entscheidet bald über die Einrichtung von Drogen-konsumräumen, dazu haben sich die Bezirksbürgermeister von Kalk und Mülheim, Marco Pagano und Norbert Fuchs, sowie Regina Börschel, die SPD-Fraktionsvorsitzende in der Bezirksvertretung Innenstadt, zu Wort gemeldet. „Wir sind uns darin einig, dass alle drei Bezirke eine ortsnahe Lösung in der Drogenhilfe benötigen, um die Probleme vor Ort angehen zu können“, teilen sie mit. Dies sei man den Anwohnern – aber auch den Drogenkonsumenten- schuldig, sagt Pagano. „Uns ist wichtig, dass die Bezirke nicht gegeneinander ausgespielt werden.“

Dem Wiener Platz oder der Gegend um die Kalker Kapelle seien die gleiche Aufmerksamkeit geschuldet, die dem Neumarkt zukomme. „Wir fordern daher bei der Realisierung des Projekts einen Austausch mit den Bezirksvertretungen. Wir müssen uns die Situationen vor Ort genau anschauen“, sind sich Pagano und Fuchs einig. Man solle die Anwohner von Anfang an mitnehmen.

Informationsveranstaltungen, wie sie in Kürze in Kalk geplant sind, seien notwendig. Die drei Politiker sind davon überzeugt, dass Köln „differenzierte Hilfeangebote benötigt, um suchtkranken Menschen mittelfristig einen Wiedereinstieg in ein würdiges Leben zu ermöglichen“, so Pagano. Dezentrale Drogenkonsumräume seien darum wichtig für das Dro-genhilfekonzept der Stadt. (NR)

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